Lester Dent hat seinen „Pulp Paper Master Fiction Plot“ speziell dafür entwickelt, um Detektivgeschichten mit einer Länge von 6.000 Wörtern für ein Pulp-Fiction-Magazin zu schreiben. Aber selbst wenn man keinen Detektiv in seiner Geschichte haben will und auch nicht pulpig schreiben möchte, gibt es vielleicht etwas nützliches in dieser Formel. Wie immer gilt: Man nehme für sich mit, was einem nützt.

Ressourcen

Ich habe von Lester Dent und seiner Formel in dem Writers Digest University Kurs „Pulp Fiction“ von Philip Athans erfahren.

Hier ist ausnahmsweise mal ein deutscher Beitrag, eine schöne, detaillierte Anleitung zum Pulp Storys schreiben.

Wie benutzt man das?

Wenn man tatsächlich eine Detektivgeschichte, also einen Krimi schreiben will, dann kann diese Formel ziemlich geradlinig als Rezept genutzt werden. Alle anderen mögen meine Erklärung abwarten.

Ungewöhnliches

Die Prämisse der Geschichte sollte sich von den typischen Kurzgeschichten unterscheiden, um etwas neuartiges und interessantes dabei zu haben. Die originale Formel hängt stark am Krimi-Thema, aber ich werde hier einmal allgemeingültig formulieren.

  1. Die Vorgehensweise des Bösewichts (Wie begeht er den Mord, erlangt er die Weltherrschaft oder gewinnt den Erdbeer-Wettbewerb)
  2. Das Ziel des Bösewichts (Was will er erreichen? Für sich selbst, die Welt oder jemand ungewöhnlichen)
  3. Die Lokalität (eine Reise zu exotischen Plätzen oder einfach der selten betretene Hinterhof, den man selbst kennt wie die eigene Westentasche)
  4. Die Bedrohung des Helden (Wodurch wird er unter Druck gesetzt? Ein lächerlicher Termin, psychische Probleme, eine Naturkatastrophe, …)

Es handelt sich hierbei keinesfalls um eine Checkliste. Versucht mindestens einen Punkt zu erarbeiten, um eure Kernidee hervor zu haben. Je mehr, je besser. Kreativ werden. Ich finde immer, dass die bisher vernachlässigten, als langweilig erachteten Thematiken, die einem selbst wichtig sind, am besten funktionieren.

Die 6.000 Wörter der Geschichte werden in vier gleiche Teile zu je 1.500 Wörtern aufgeteilt, jeweils mit einer eigenen Actionszene.

Die ersten 1.500 Wörter

Der erste Satz (oder Absatz, wenn es sein muss) sollte den Helden und sein Problem vorstellen, sowie auf die Lösung der Geschichte hindeuten (keine Sorge, dass kann einfach bei deer Überarbeitung hinzugefügt werden).
Von Beginn an hat der Held mit Schwierigkeiten klarzukommen.
Alle Charaktere sollten so früh wie möglich vorgestellt werden, am besten indem sie handeln, anstatt dass über sie geredet wird.
Der Held gerät in einen Kampf am Ende dieses Teils, der zusammen mit einer überraschenden Wendung zum nächsten Teil führt.

Die zweiten 1.500 Wörter

Der Held gerät in weitere Schwierigkeiten. Er zeigt seinen Heroismus, hat damit aber keinen Erfolg, sondern gerät in einen weiteren Kampf mit einer überraschenden Wendung am Ende.

Die dritten 1.500 Wörter

Noch mehr Schwierigkeiten! Der Held versucht verzweifelt, den Konflikt zu lösen und stellt den Bösewicht. An diesem Punkt kann es sein, dass er gefangen genommen wird. Er erreicht seinen Tiefpunkt in einem Kampf mit einer überraschenden Wendung, die ihm dieses Mal arg zusetzt.

Die vierten 1.500 Wörter

Der Held sollte nun bis zum Hals in Schwierigkeiten stecken. Kraft seiner eigenen Fähigkeiten befreit er sich aus dem Schlamassel und löst den Konflikt auf. Fragen werden beantwortet, Mysterien gelüftet und die Geschichte endet mit einer abschließenden, überraschenden Wendung. Und- was noch wichtiger ist – mit einem kernigen Einzeiler.

Ich hoffe die ganzen „Kämpfe“ und „überraschenden Wendungen“ sind genug aufgefallen.

Wann benutzt man das?

Für diese Geschichte müssen vier Kämpfe und überraschende Wendungen vorweg definiert werden. Entsprechend funktioniert es am besten mit einem aktiven und starken Antagonisten. Und selbst wenn es keine Faustkämpfe geben soll, bitte keine Diskussionen an Stelle der Kämpfe setzen.

Diese Formel ist für Action-reiche Geschichten geeignet. Selbst das Plotten fühlt sich schon wie ein Schlagabtausch an. Dabei sei noch gesagt: Das Plotten ist hier einigermaßen wichtig, da die vier Kämpfe und Wendungen zum Höhepunkt der Geschichte führen müssen.

Ein weiteres Argument ist die Länge. Zwar mag man keine hartes Ziel von 6.000 Wörtern einhalten müssen, aber es sollte angestrebt werden. Anderenfalls gelingt die Aufteilung nicht und das Erzähltempo zieht sich hin oder ist zu schnell und hektisch.

Warum benutzt man das?

Ich habe diese Formel das erste mal genutzt, weil ich einen Ansatz mit mehr Action versuchen wollte. Und diese Formel zwingt einen förmlich dazu, mehr Action zu nutzen. Also probiert es selbst einmal aus und schaut, ob es für euch ebenso funktioniert.

Das Wortziel sollte um die 6.000 Wörter herum liegen. Der Plot braucht Wendungen und Kämpfe. Für einen Detektiv-Krimi mit Bösewicht ist sie natürlich maßgeschneidert, aber fordert euch selbst damit heraus, es auf andere Genres anzuwenden. Besonders wenn man die Definition des „Kampfes“ ausreizt, kann man das mitreißende Erzähltempo für sich nutzeen.

Bonuspunkte wenn man mit einem kernigen Einzeiler enden kann.

Beispiel

Um dem Original ein wenig treu zu bleiben versuche ich es diesmal mit einer Detektivgeschichte. Begonnen wird mit einer Ideensammlung zum Ungewöhnlichen.

  • Als Schauplatz nehmen wir ein Erdbeerbeet, das von Feen, Gnomen und Schnecken bewohnt wird. Das Feld mag gewöhnlich sein, der Blickwinkel von unterhalb der Blätter ist es nicht.
  • Erdbeeren verschwinden – die ungewöhnliche Vorgehensweise des Bösewichts.
  • Das Ziel des „Bösewichts“ ist es, für alle Erdbeermarmelade zu kochen. Deswegen braucht er oder sie all die Beeren. Es wird also eine eher niedliche Geschichte.

Suchen wir uns als Detektiv eine kleine Fee namens… „Jo“ und sie ermittelt im Fall der verschwundenen Erdbeeren. Als Gerüst für den Plot müssen nun vier Kämpfe und ebenso vier überraschende Wendungen erfunden werden.

  • Jo wird von einem deutlich größeren Gnom „angegriffen“. Sie versucht zu fliehen, aber der Gnom will sie nur mit der Ermittlung im Erdbeerfall betreuen.
    Diese Szene deutet außerdem bereits auf die Lösung an, dass der Bösewicht nicht böse, sondern eher missverstanden ist.
    Die Verdächtigen müssen zumindest in ihrem Gespräch erwähnt werden.
  • Gemeinsam überraschen sie eine Gruppe Schnecken, die einige Erdbeeren beiseite schaffen. Sie halten sie davon ab, dabei die Pflanzen gänzlich zu zerstören.
  • Die Schnecken sind nicht die Bösewichte, aber sie wollen sich einige Erdbeeren sichern, bevor alle verschwinden. Sie geben einen Hinweis auf den tatsächlichen Bösewicht.
  • Da sie zu viele unangenehme Fragen stellen, werden sie vom Elfenrat aus der Stadt geworfen.
  • Jo sieht das als eine Gelegenheit, um einen Hinterhalt für den Erdbeer-Dieb zu legen.
  • Sie überraschen die Handlanger des Bösewichts, werden aber gefangen genommen.
  • Sie werden zurück nach Elfstadt gebracht, obwohl Jo sich so sicher war, dass Elfen nicht stehlen.
  • Sie gewinnen einen Kampf gegen den Elfen-Bösewicht und fordern die Erdbeeren zurück. Sie gehören allen Bewohnern des Felds.
  • Der Bösewicht erklärt seine Absichten als die finale Wendung.

Der abschließende Einzeiler kommt dann hoffentlich beim Schreiben.
Zwischen den Listenpunkten muss noch der Rest der Geschichte ausgefüllt werden. Die Vorstellung der Charaktere, die Ermittlung, Hinweise auf den Bösewicht, genauso wie falsche Fährten und natürlich viele Erdbeeren.

Was haltet ihr von dieser Formel? Sie eignet sich definitiv auf für Nicht-Detektiv-Geschichten, also probiert es aus.

Plotten einer Kurzgeschichte mit der Pulp-Fiction-Formel

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