Die 3-Akt-Struktur scheint die größte Überschneidung mit anderen Formeln zu haben.
Nichts desto trotz lohnt es sich, sie einmal zu begutachten. Erstes, weil sie gut skaliert – für lange und kurze Geschichten. Zweitens, weil man die Aufteilung dieser Struktur kennen, verinnerlichen und im Schlaf anwenden können sollte.
Ressourcen
Es gibt YouTube-Serien, Schreibkurse, und Blogbeiträge, welche die 3-Akt-Struktur im Detail und Schritt für Schritt erklären. Ich habe inzwischen so viele davon konsumiert, dass ich kaum meine Lieblinge heraus suchen kann.
Meist wird die Struktur mit ihren drei Akten und die genauere Aufteilung dieser Akte vorgestellt. Genau so mach ich das auch.
Wie benutzt man das?
Eine Geschichte nach der 3-Akt-Struktur ist in vier Teile aufgeteilt (klingt komisch, ist aber so). Der zweite Akt nimmt nämlich die beiden mittleren Teile ein und wenn man diese Aufteilung im Blick behält kommt das „pacing“ ganz von selbst.
Akt 1: Der ködernde Anfang: Die Protagonisten, Prämisse und Problem werden vorgestellt und die Geschehnisse nehmen ihren Lauf.
- Vorstellung des Status Quo, zeigt die Hauptfigur in ihrem Alltag. Dabei muss der Köder für die Geschichte so früh wie möglich ausgeworfen werden – das Detail, Prämisse oder Kombination, welche die Geschichte besonders macht.
- Einschneidender Vorfall, das was passiert und unumkehrbar das Leben der Hauptfigur verändert. Das kann ein Ereignis sein oder das Auftauchen einer Person oder eines Gegenstands.
- Handlungsentschluss, ausgelöst durch den Vorfall wird die Hauptfigur genötigt, aktiv zu werden, wodurch sie in das Abenteuer geworfen wird.
Akt 2: Der Aufbau in der Mitte: Es geht zur Sache und die Umstände werden immer schlimmer, bis sie zum nahen Versagen führen.
- Hindernisse, Sub-Plots und Komplikationen erschweren den Weg der Hauptfigur zu ihrem Ziel. Eines führt nachvollziehbar zum nächsten, Einsatz und Problem wachsen, bis sich ein Ende ankündigt.
- Mittelpunkt (falscher Höhepunkt). Das sollte wirklich in der Mitte der Geschichte passieren. Die Hauptfigur glaubt den Höhepunkt erreicht zu haben, aber es stellt sich heraus, dass danach alles schlimmer wird. Hier gibt es einen scheinbaren Sieg bzw. eine scheinbare Niederlage und die Geschichte geht weiter.
- Hindernisse, Sub-Plots und Komplikationen, genau wie vorher, aber noch fieser und intensiver. Die Hauptfigur erfährt immer mehr Fehl- und Rückschläge.
- Disaster und Krise, markieren den Tiefpunkt der Hauptfigur. Es scheint keinen Ausweg mehr zu geben und manchmal droht auch das Leben der Hauptfigur ihr Ende zu finden.
Akt 3: Das Nachspiel am Ende: Die Konsequenzen der bisherigen Geschehnisse.
- Wiedergeburt, die aus der Krise führt. Eine helfende Hand, ein Geistesblitz oder die Entwicklung einer benötigten Fähigkeit – es gibt wieder Hoffnung.
- Höhepunkt. Bewaffnet mit der Hoffnung, die aus der Krise geführt hat, wird der Höhepunkt ausgefochten.
- Nachspiel, folgt dem Höhepunkt. Egal ob ein Endkampf geschlagen oder ein Mysterium gelüftet wurde, der Sieg (oder Niederlage) muss eine Auswirkung nach sich ziehen.
- Neuer Status Quo, folgt dem Nachspiel. Dies muss sich vom Status Quo mit dem die Geschichte begonnen wurde unterscheiden, selbst wenn sich nur die Hauptfigur verändert hat.
Wann benutzt man das?
Diese Struktur kann für jede Geschichte genutzt werden. Mit einem Blick auf die Plot-Punkte sieht man allerdings, dass eine Einführung, ein dedizierter Vorfall, Hindernisse die zu einem falschen und später einem richtigen Höhepunkt führen, sowie ein Auflösen der Geschehnisse enthalten sind.
Wenn man seine Geschichte also sehr spät beginnen möchte – mit oder nach dem einschneidenden Vorfall – oder mit dem Höhepunkt enden möchte, dann kann die Aufteilung der Erzählung außer Form geraten. Und auch wenn man keinen Mittelpunkt möchte, der die Richtung der Geschichte ändert, ist man mit einer anderen Formel ggf. besser beraten.
Warum benutzt man das?
Die 3-Akt-Struktur ist eigentlich fast die Einheitsgröße für alle Geschichten, man kann mit ihr also nichts falsch machen. Nutzt man sie für einen Roman, dann wird der zweite Akt mit den Hindernissen mit einem zweiten Plot angereichert, aber dazu mehr in einem anderen Blog-Beitrag.
Die vorgegebene Aufteilung ist eine große Hilfe für alle, die tendenziell zu viel oder zu wenig schreiben. Es gibt Spezifikationen mit Prozentangaben, wo genau man die Plot-Punkte platzieren soll – das verhindert es den Leser mit endlosen Einführungen oder Informationeen zur Welt zu langweilen.
Ich würde außerdem behaupten, dass diese Struktur das Gefühl eines Romans erweckt, wenn man nicht direkt ins Geschehen springt. Trotzdem darf nicht vernachlässigt werden, dass der Leser so früh wie möglich in die Geschichte hinein gezogen und geködert werden muss.
Beispiel
Es dauert noch eine Weile, bis mir keine Geschichts-Ideen mit Erdbeeren mehr kommen, also…
Akt 1:
Wir stellen eine Künstlerin vor, die sich auf Erdbeer-Bilder spezialisiert hat. Den ganzen Tag sitzt sie in den Feldern mit ihrem Skizzenbuch oder einer Leinwand und malt.
Eines Tages kommt ein offensichtlich wohlhabender Fremder vorbei, sieht ihr eine Weile zu und bittet darum, eines ihrer Gemälde kaufen zu dürfen. Er wünscht sich ein großes Leinwand-Bild für sein Wohnzimmer.
Obwohl sie noch nie in so großem Format gearbeitet hat sagt sie zu, das Angebot ist einfach zu gut
Akt 2:
Sie kann die riesige Leinwand nicht mit nach draußen aufs Feld nehmen, sodass ihre Kreativität etwas leidet und sie mit Bildern vorlieb nehmen muss. Die Arbeit geht langsam voran, die große, weiße Wand schüchtert sie ein und sie verliert die Leichtigkeit, mit der sie sonst gearbeitet hat.
Ihr Geschäftspartner ruft an um das Lieferdatum zu verkürzen. Sie kann nicht mehr zurück, da sie Materialien im voraus gekauft hat und ihre Motivation schrumpft, als ein heißer Sommer die Erdbeersaison frühzeitig beendet.
In der Nacht vor der Abgabe beschließt sie spontan, sich in abstrakter Malerei zu versuchen und beendet das Bild so mit dem Sonnenaufgang.
In dem Glauben den Vertrag erfüllt zu haben, liefert sie das Bild aus, nur um dem Kunden offen anzusehen, wie wenig ihm das Bild gefällt. Es ist nicht das, was er sich vorgestellt hat. Unzufrieden nimmt er das Gemälde an, um es im Wohnzimmer aufzuhängen.
Eine Woche später ruft er sie an, dass er das dunkle und undefinierte Geschmiere nicht mehr ansehen mag und sie es zurück nehmen muss. Unzufrieden mit ihrer eigenen Arbeit erfährt sich eine mentale Blockade und malt gar nichts mehr.
Als ihr das Geld ausgeht findet sie sich damit ab, die Karriere als Künstlerin aufzugeben.
Akt 3:
Die Malerin sieht sich in einem Bewerbungsgespräch ihrem unzufriedenen Auftraggeber gegenüber. Sie holpert durch das Gespräch und er erteilt ihr eine Absage.
Als sie aber kurz davor ist in Tränen auszubrechen, erneuert er seinen Wunsch nach einem Erdbeer-Bild. Diesmal nimmt er ihr aber den Druck, es muss nicht groß sein und nicht dringend fertig werden. Hauptsache sie zeigt ihre Kreativität wie er es damals im Erdbeerbeet gesehen hat.
Überglücklich ist sie wieder draußen, sitzt in einem dicken Mantel auf dem Feld und malt sommerliche Erdbeeren, während um sie herum erste Schneeflocken fallen.
Es könnte hierbei sogar einen romantischen Nebenplot zwischen der Malerin und ihrem Bewunderer geben. Mal schauen, wieviel Platz das alles braucht.
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