Selbst für eine Kurzgeschichte gibt es so viele Wege, sie zu schreiben. Die Aufteilung und Ereignisse variieren je nach der gewählten Formel. Ich versuche jene Elemente aufzulisten, die in allen – oder den meisten – vorhanden sind. Außerdem gibt es immer noch gewisse Umstände zu berücksichtigen, aber dazu gleich…

Aufwand

Vor Beginn sollte noch einmal ein Blick auf die angestrebte Wortzahl für die Geschichte geworfen werden. Diese kann durch die Richtlinien einer Ausschreibung vorgegeben werden, in denen sich außerdem zusätzliche Hinweise für die Geschichte finden lassen. Einige dieser Einschränkungen können unangenehm werden, wenn man sie versucht im Nachgang zu bereinigen, also besser im Auge behalten.

Anderes als eine Flash Fiction Geschichte wird man eine Kurzgeschichte eher selten in einer einzigen Sitzung beenden. Es hilft eine Stimmung oder eine Umgebung zu definieren, zu der man zurück kehren kann, wenn man weiter schreibt. Außerdem kann es hilfreich sein, jeweils eine Szene zu schreiben oder jeweils einen Punkt der Formel-Checkliste abzuarbeiten.

Ich musste kürzlich ganze drei Mal mit einer meiner Kurzgeschichten anfangen, weil die Erzählung mich beim Schreiben nicht mitgerissen hat. Was mir geholfen hat – und auch anderen helfen könnte – ist das Ziel des Hauptcharakters vor Augen zu haben. Das gibt ihm Motivation, lässt ihn agieren statt reagieren, und hilft dabei zu entscheiden, was er als nächstes unternimmt, um sein Ziel zu erreichen.
Mit dem im Hinterkopf (und in meinen Notizen) kann ich jederzeit zur Geschichte zurück kehren und den Fortschritt zu diesem Ziel voran treiben. Außerdem wusste ich, welches Ergebnis ich mir für meinen Protagonisten, auch als Leser, wünschen konnte.

Einleitung

Wie sooft sollten Hauptcharakter und ihr Problem so früh wie möglich vorgestellt werden. Die zentrale Frage der Geschichte muss aufgeworfen werden, sodass der Leser die Beantwortung bis zum Ende verfolgt. Bei einer Kurzgeschichte in einer Anthologie kann der Leser leicht zur nächsten Geschichte blättern, wenn ihn diese nicht anspricht. Also gibt man ihm einen Grund, die eigene zu lesen, am besten direkt im ersten Satz.

Hauptteil

Hier kommt entweder „nutze die Kurzgeschichten-Formel deiner Wahl“ oder „führe deinen Hauptcharakter zum Höhepunkt, durch all die Probleme hindurch, mit denen er innerhalb der vorgegebenen Wortzahl konfrontiert werden kann“. Da es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt kann nicht allzu viel Zeit mit Hintergrundinformationen, Beschreibungen oder Langeweile verbracht werden. Immer schön an den Plot halten. Die Machenschaften dieses Nebencharakters dürfen gerne Inhalt einer anderen Kurzgeschichte werden.

Im Zweifelsfalle übrigens die Dreier-Regel benutzen. Drei Hindernisse, Herausforderungen, Wächter, oder Schlösser an der Tür zum Erfolg.

Überraschende Wendungen

Der Hauptcharakter sollte niemals einfach ihrem Plan folgen und ihr Ziel erreichen. Sie braucht Hürden, Konflikte und all die Dinge, die eine Geschichte lesenswert machen. Die Anzahl der Hindernisse müssen an die Länge der Geschichte, beziehungsweise die verwendete Formel angepasst werden.

Die Probleme sollten mit jedem Schritt schwerwiegender werden und logisch hergeleitet sein. Der Leser soll den Fortschritt sehen, den der Held macht – oder auch nicht macht – und sehen wie es auf den Höhepunkt zu geht.

Höhepunkt

Viele Kurzgeschichten können kurz nach dem Höhepunkt einfach aufhören. Es gibt noch eine Wendung oder die Sichtweise wird so verschoben, dass die Bedeutung der gesamten Geschichte ins Gegenteil gekehrt wird. Eine Kurzgeschichte hat die perfekte Länge für radikale Wendungen, da der Leser nicht ganz so viel Zeit investiert hat als dass er sich von einem unerwarteten Ende betrogen fühlen würde. Es ist außerdem wahrscheinlich, dass Kurzgeschichten in einem Rutsch gelesen werden, entsprechend können Details und Formulierungen vom Anfang für den Höhepunkt genutzt werdeen.

Der Höhepunkt der Geschichte muss aus dem Weg den der Hauptcharakter genommen hat hervor gehen und von seinem Ziel sowie den aufgetretenen Hindernisse geformt sein

Ende

Am Ende muss die zentrale Frage der Geschichte beantwortet werden. Ja, es gibt so etwas wie offene Enden, aber hierbei geht es nicht um den Hauptplot. Ein Hauptcharakter kann entscheiden müssen, ob er fliehen oder kämpfen soll und der letztendliche Sieger des Kampfes darf trotzdem der Vorstellung des Lesers überlassen werdeen.

Wie soll sich der Leser nach der Lektüre dieser Geschichte fühlen?
Mit dieser Frage im Hinterkopf ist es einfacher das Ende auf dieses Gefühl hin zu formulieren.

Anmerkungen

Ein Freund von mir hat Kurzgeschichten einmal mit einem Fenster in eine andere Welt verglichen. Anders als ein Roman, für den man diese Welt gänzlich betritt. Sie ist eine kürzere Verpflichtung für den Leser und sollte entsprechend auch nicht mit Worldbuilding überladen. Ein angemessener Anteil der Geschichte kann der Vorstellungskraft des Lesers überlassen werden. Er muss nicht jedes kleine Detail verstehen – es ist die grundlegende Geschichte, die zählt.

Hat das befolgen einer Formel beim ersten Entwurf geholfen? Einschränkungen regen für gewöhnlich die Kreativität an, auch wenn ich selbst gerne mal drauf los Schreibe, wenn mir eine gute Idee gekommen ist und ich einfach sehen möchte, wohin sie mich führt. Wie geht euer Erstentwurf voran?

Erster Entwurf einer Kurzgeschichte

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